21 Jugendliche sind in diesem Jahr bereits in London ermordet worden - 27 waren es im Vorjahr. Der Politik gelingt es nicht, der ausufernden Gewalt Herr zu werden. Viele Bewohner der betroffenen Stadtbezirke in Ostlondon überlegen inzwischen ihre Viertel zu verlassen.
Mehr als 170 Jugendgangs, jeweils mit zehn, zwölf Mitgliedern, gibt es in London. Die meisten im Osten der Stadt, da, wo auch Hackney liegt. Das britische Innenministerium stuft sie irgendwo zwischen Freundeskreisen und organisierten Kriminellen ein. Mit Messern, Äxten und Pistolen halten sie die Stadt in Atem. Und die Ärzte. Jedes Wochenende werden im riesigen St. Thomas Hospital zerstochene Oberkörper zusammengeflickt. Einige Patienten kommen öfter, manche lagen schon dreimal auf den Operationstischen. Fast immer sind es Kinder. Sie sind Opfer oder Täter, manchmal beides, und ihre Wunden stammen meist von Kämpfen um das, was sie Respekt nennen. Es geht um Reviere.
Daran konnte auch die Härte der britischen Staatsmacht nichts ändern. Es gibt flächendeckende Kameraüberwachung, strenge Richter, Zehnjährige sind strafmündig. Die Zahl der jugendlichen Häftlinge ist groß, mehr als 6500 sitzen hinter Gittern, die UN hatten Großbritannien 2003 sogar für seine harten Strafen gerügt. Dass das alles nichts geholfen hat, sagt selbst die britische Regierung. Das kürzlich veröffentlichte Ergebnis einer von ihr in Auftrag gegebenen Untersuchung war eindeutig.
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Die Stadt der langen Messer
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