In einem Interview sprach er ohne die üblichen Floskeln des guten und korrekten Willens über das Leben der Einwanderer in Berlin. Er sei gegen "türkische Wärmestuben", betrachte viele Türken und Araber als "weder integrationswillig noch -fähig" und halte es für einen Skandal, "dass die Mütter der zweiten und dritten Generation noch immer kein Deutsch können". Obwohl er sich inzwischen entschuldigt hat, prüft die Staatsanwalt den Anfangsverdacht auf Volksverhetzung.
Er spricht eine offenkundige Wahrheit aus. Nicht, dass sie ausgesprochen wird, schürt rassistische Vorurteile. Es gilt umgekehrt: Wenn derlei nicht ausgesprochen werden darf, schürt es die Verbitterung derer, die aus täglicher Anschauung ganz genau wissen, dass zutrifft, was Sarrazin da gesagt hat.
Die Auseinandersetzung über Einwanderung und Integration verträgt auch rauere, realistischere Töne als den sozialarbeiterischen, der seit geraumer Zeit vorherrscht. Einwanderung ist kein Heilsgeschehen, sondern ein oft konfliktreicher Vorgang. Die aufnehmende Gesellschaft hat selbstverständlich das Recht, die Einwanderung auch nach ihrem gesellschaftlichen Nutzen zu befragen. Und die Einwanderer müssen es sich gefallen lassen, dass sie dort kritisiert werden, wo sie keine Anstrengungen unternehmen, Teil dieser Gesellschaft zu werden.
Thomas Schmid (Chefredakteur WELT)
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Thilo Sarrazin spricht Wahrheiten aus
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