Lauter Denkverbote

Man darf sich nicht scheuen, an dieser Stelle moralisch zu werden: Menschen haben ein Recht darauf, sich zu entfalten, gefördert zu werden, auch und gerade wenn sie einen bildungsfernen Hintergrund haben. Auch Ausländer, auch Menschen mit anderen kulturellen Wurzeln.

Westliche Kulturen orientieren sich ganz wesentlich an individuellen Freiheitsrechten: Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit, Freiheit der Kunst, Gleichberechtigung usw. In den stammesgesellschaftlich imprägnierten Submilieus der europäischen Einwanderungsländer indes dominieren oft ganz andere Werte: Ehre, Clan, Zusammenhalt. Das ist eine Grunddifferenz. Sie ist keine rassistische Konstruktion, sondern zumindest gegenwärtig ein realer Bestandteil einer äußerst vielfältigen und milieureichen Gesellschaft, in der vieles in Bewegung ist.

Viele Menschen, die sich politisch korrekt verhalten wollen, können diesen an sich trivialen Gedanken nicht nachvollziehen.

Diese freiheitlichen Werte sind nicht selbstverständlich, sie mussten erkämpft werden, und sie können auch wieder verloren gehen. Die plurale Gesellschaft und alles, was daran hängt, kann nur erhalten werden, wenn das, was ihr entgegensteht, beispielsweise Relikte archaischer Stammeskulturen, in die Schranken gewiesen wird.

Das heißt beispielsweise konkret: Mädchen aus muslimischen Familien nehmen am Sportunterricht, an der Klassenfahrt, am Biologieunterricht teil. Das ist nicht nur ihr Recht, sondern auch ihre Pflicht. Es gibt Dinge, die man verlangen muss.

Und es gibt Dinge, die man verbieten muss: Wer in Deutschland Hass predigt, muss gestoppt werden. Das gilt übrigens für alle Religionen. Wer sich in Deutschland in seinen religiösen Gefühlen beleidigt fühlt, der kann und soll demonstrieren, polemisieren, prozessieren. Jeder halbwegs sensible Mensch dürfte diese Reaktionen respektieren. Gewalt aber, und die fängt bei der Drohung an und hört beim Mord auf, dürfen wir nicht dulden, auch nicht rechtfertigen. Die Mehrheits- gesellschaft muss klarmachen, wofür sie steht. Manchmal hilft Dialog nicht weiter.
zeit.de