EU-Kommissionspräsident Barroso wiegelt schon einmal präventiv ab: Auch wenn die Beteiligung an der Wahl des nächsten Europäischen Parlaments bei weniger als fünfzig Prozent liegen sollte, könne er damit leben - das wäre zwar eine Enttäuschung, aber im Grunde kein Beinbruch.
Denn es gibt da einige Paradoxien: Keine andere Institution der Europäischen Union hat bei den diversen Vertragsreformen in den vergangenen Jahrzehnten einen solchen Kompetenzzuwachs erfahren wie das Parlament; es ist weitgehend zum gleichberechtigten Mitgesetzgeber neben dem Rat geworden. Aber die Wähler in nahezu allen Mitgliedstaaten honorieren den Bedeutungszuwachs nicht ...
Auch das ist paradox: Bei jeder Gelegenheit wird beteuert, dass die großen Probleme der Gegenwart und erst recht die der Zukunft nur gemeinsam, in europäischer Zusammenarbeit bewältigt werden könnten. In dieser plausiblen und realistischen Beurteilung stimmen die Politiker und die Wähler weitgehend überein - Wähler, die im Allgemeinen, aber auf diffuse Weise, der EU durchaus wohlgesinnt sind, die aber, wenn es konkret wird, bei Europawahlen diese Unterstützung per Stimmabgabe verweigern.
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