Bernd Zeller: Vorschau

Es mag verfrüht erscheinen, da die Tat erst für nächste Woche erwartet wird, aber man kann schon mal mutmaßen, welche Reaktion in der Öffentlichkeit herrschen wird, wenn ein verirrter Einzeltäter einen Mordanschlag aus Rache für den Mord im Dresdener Gericht verübt. Wird man den Hetzer Arab Köhler verantwortlich machen? Oder, verallgemeinert, das aufgehetzte Klima gegen vermeintliche Islamfeindlichkeit? Wird Achmadinedschad mitgestochen haben?

Wohl kaum. Zu erwarten ist, neben den üblichen Erklärung-, Entschuldigungs- und Verständnissätzen, wie sie dankenswerterweise bei dem russlanddeutschen Täter nicht zum Einsatz kamen, eine Erleichterung, vermutlich unausgesprochen. Erleichterung darüber, dass mit der Sühne nunmehr die Angelegenheit erledigt sein sollte und ein schrecklicher Schlussstrich uns vor Schlimmerem bewahren dürfte.

Groß, aber vereinzelt ausgedrückt wird anschließend die Überraschung darüber ausfallen, dass die Sache aus Sicht des Islamismus und seiner Dschihad-IMs keineswegs vorbei ist.
Man müsste deshalb einmal, selbstverständlich ruhig und besonnen, die Frage erörtern, wann der Islam denn mal genug hat an Zugeständnissen und Entgegenkommen, wann also der mit Dialog und noch mehr Dialog angestrebte Zustand von allseitiger Respekttoleranz mit Aufaugenhöhe aller Seiten eingetreten wäre.

Wenn es keine Kritik mehr gibt? Wenn gleiche Rechte für alle gelten? Wenn Frauen nicht zu schwimmen brauchen? Wenn die Ausübung der Religionsfreiheit gewährleistet ist? Wenn Israel seine Existenzpolitik aufgibt? Nach der Umwandlung Berlins in eine Großmoschee? Darüber kann man ja reden. Oder wenn der Islam nicht mehr durch die Anwesenheit von etwas anderem gedemütigt wird?
Auch dann nicht. Und auch sonst nicht. Sondern niemals.
Ich setze 20 Euro für eine plausible Gegenargumentation aus.

Der politische Islam ist wie jede totalitäre Struktur auf Feinde angewiesen, um seine Unzulänglichkeit zu verdecken. Stalin, Mao, Robespierre, Goebbels und der Asta-Vorstand, Khomeini und L. Ron Hubbard, sie alle brauchen die Gegner ihrer Revolution und erfinden sie gleich mit. Es können Karikaturen sein oder Leute, die sich nicht ausreichend von den Karikaturen distanziert haben. Zweifler und Kritiker sind wichtige Figuren ihrer Ideologie, die weniger die Außenstehenden überzeugen soll als die innere Machtstruktur festigen.

Wer im Kapitalismus lebend am System zweifelt und Kritik übt, kann damit zu Geld kommen. Dem Systemkritiker im Sozialismus werden die Zweifel ausgetrieben. Nicht verwunderlich, dass der Islam für viele Neoachtundsechziger zum Sozialismusersatz avanciert.

Bernd Zeller auf achgut.com