Muslime in Deutschland brauchen weder Vormünder noch Schonräume, sondern sind für sich und die Gesellschaft mitverantwortlich.
Dass vom Integrationsslogan "Fordern und fördern" nur der zweite Teil ernst genommen wird, konnte man gerade wieder beobachten, als die Integrationsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Aydan Özoguz, zur am Dienstag stattgefundenen Islamkonferenz Stellung bezog. Sie fordert die Muslime auf, das Gremium zu boykottieren. Ihr Parteifreund Dieter Wiefelspütz meint zwar, diese Äußerung sei in "der ersten Erregung" gefallen, aber wer Frau Özoguz kennt, weiß, dass sie aus einer tiefen Überzeugung spricht. SPD und Grünen war die Islamkonferenz von Beginn an suspekt. Zum einen, weil es die Idee eines CDU-Ministers war, und zum anderen, weil man über die Frage der gesellschaftlichen Dimension des Islam nicht inhaltlich diskutieren will oder darf. Sie wollen - wie auch die Kritiker der Islamkritik - keine Einmischung in das islamische Leben. Was im Namen des Islam passiert, hat die Politik nicht zu interessieren.
Der neue Bundesinnenminister Friedrich scheint ein Pragmatiker mit Prinzipien zu sein. Er will weder Grundsatzdiskussion noch schleichende Anerkennung, sondern orientiert seine Politik offenbar an klaren Interessen. Er will, dass Imame und Dedes - Friedrich spricht als erster Bundesminister öffentlich die Aleviten und ihre Geistlichen, die Dedes, als eigenständige religiöse Gruppe an - so ausgebildet sein müssen, dass sie die deutsche Rechts- und Gesellschaftsordnung und Sprache verstehen und vermitteln können. Außerdem fordert er eine aktive Rolle der islamischen Organisationen bei der Gewaltprävention ein. Er ist der erste Politiker, der den Moscheevereinen etwas abverlangt, nämlich zum Schutz der Gesellschaft aktiv zu werden.
Das Geschrei bei den Vormündern ist groß. Denn wenn diese Haltung Schule macht und man von den Muslimen und ihren Verbänden aktiv Integrationsleistungen abverlangen kann, wenn wir darüber diskutieren können, ob ein Bürger dieses Landes zumindest in Sicherheitsfragen loyal gegenüber der Gesellschaft sein sollte, dann verändert sich auch das von der Sozialpolitik eingehegte Leben der Migranten. Sie werden nicht mehr als Mündel betreut, sondern sind für sich selbst und die Gesellschaft mitverantwortlich. Sie werden gehört, man diskutiert mit ihnen kritisch, man nimmt sie ernst, sprich: Man fördert sie.
Necla Kelek
auf welt.de
Necla Kelek: Friedrich hat recht
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