Sie vermissen, dass die Regierung Probleme zur Kenntnis nimmt, denen sie in ihrem Alltag begegnen. Es geht ihnen nicht um die Nation, ums christliche Abendland oder den Erhalt der traditionellen Familie. Es geht um Missstände, unter denen viele ganz konkret leiden. Und um möglichst pragmatische Vorschläge, was man dagegen tun kann. Ob diese Vorschläge ideengeschichtlich eher sozialdemokratisch, konservativ oder liberal zuzuordnen sind, ist den meisten herzlich egal.
Da ist zunächst die Steuerlast, die den Bürgern abverlangt wird, um einen Staat zu finanzieren, der einerseits die großen Entscheidungen an die Europäische Union abgibt, sich anderseits aber für immer mehr Dinge zuständig erklärt, die bisher als Privatangelegenheit galten. Viele arbeitende Menschen haben das Gefühl, dass ein immer größerer Teil dessen, was sie erwirtschaften, an lautstarke Minderheiten und wohl organisierte Interessengruppen verteilt wird.
Gerade die, die nicht in Villenvierteln leben, wissen, dass die Integration mancher muslimischer Einwanderer gescheitert ist, und diese Gruppen das Land ausnützen und verachten. Sie fühlen sich verhöhnt, wenn CDU- und FDP-Politiker diese sichtbare Tatsache mit den gleichen beschönigenden Floskeln leugnen, die man seit Jahrzehnten von grünen Multikulti-Ideologen kennt.
Im Gegensatz zu den Ausländerfeinden und Nationalisten am rechten Rand wollen diese Unzufriedenen keine deutschnationale Monokultur. Sie finden jedoch, dass Anhänger der Scharia keine kulturelle Bereicherung, sondern eine Gefahr für die Freiheit sind.
Und schließlich geht vielen die falsche Toleranz auf den Geist, die Kriminelle ermutigt, Menschen zu bedrohen, Autos anzuzünden und öffentliches Gut zu zerstören. Sie haben das Gefühl, dass Gesetze nur für die gelten, die sie freiwillig akzeptieren.
Solange die beiden Parteien der bürgerlichen Koalition dazu keine überzeugenden Antworten bieten, werden sie weiter an Zustimmung bei ihren Wählern verlieren. Die Unzufriedenen wollen praktische Lösungen konkreter Probleme, keine weltanschaulichen Erbauung.
Michael Miersch
auf welt.de
Michael Miersch: Warum die Bürger sich nach Sarrazin und Merz sehnen
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Thilo Sarrazin